Man sollte glauben, dass Personen aus Höhen zu retten immer noch die gleiche Aufgabe ist wie vor Jahrzehnten. Doch weit gefehlt! Die Drehleitern von heute sind weit mehr auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Feuerwehren abgestimmt.
Vor 15 bis 20 Jahren war die DLAK 23/12 mit einer Arbeitshöhe von 32 m das Standardgerät für die kommunalen Feuerwehren. Es gab zwar auch damals schon andere Höhenklassen, diese machten aber nur einen kleinen Teil des Marktvolumens aus.
Der Trend, dass die Feuerwehr neben ihrer Standardausrüstung mehr und mehr Speziallösungen braucht, um ihren Aufgaben gerecht zu werden, macht auch nicht vor den Hubrettungsgeräten halt. So haben wir über die letzten Jahre unser Produktprogramm von fünf Haupttypen auf nun mehr als zehn Haupttypen ausgebaut.
Von den kommunalen Feuerwehren kamen mehr und mehr die Wünsche nach Drehleitern, die besonders auf den Einsatz in Innen- und Altstadtbereichen optimiert sind. Aus den Wünschen und Ideen unserer Kunden wurde die L32A-XS geboren, welche besonders in beengten Straßenzügen ihre Vorteile ausspielen kann.
Doch das war noch nicht genug, um für extrem enge Altstadtgassen das richtige Werkzeug bieten zu können. Unserem Team war klar: dafür musste das gesamte Fahrzeug kompakter werden., Daher haben wir uns speziell auf den Platzbedarf rund um das Fahrzeug konzentriert. In ganz schmalen Straßen ist nicht nur kein Platz für die Abstützung, sondern auch kein Platz für den rückwertigen Überstand des Drehgestells. Die Aufgabe war, ein Fahrzeugkonzept zu entwickeln das nur minimal mehr Platz braucht, als der LKW selbst. Da wir unsere Produkte immer auf den einzelnen Bedarfsfall des Kunden zuschneiden können wollen, war für uns der Fokus auf einer Lösung, die sich perfekt in unseren Baukasten integrieren lässt.
Die Lösung ist ein völlig neuartiges Drehgestellkonzept, welches von der L20 bis zur L32 und L32A-XS angewendet werden kann. Die Baureihe ist in Zukunft an dem Namenszusatz „-C“ für „Compact“ zu erkennen. Das erste Kind aus dieser Baureihe ist die L27-C, welche wir im September 2016 auf dem „Congres National Sapeurs Pompiers“ in Frankreich zum ersten Mal der Öffentlichkeit vorgestellt haben.
Die L27-C ist auf einem MB Atego 1327 aufgebaut und ist mit der Länge von 8,57 m, einer Breite von 2,35 m und einer Höhe von 3,27 m sehr kompakt. Die Funktionalität der Drehleiter entspricht jeder anderen Rosenbauer Drehleiter und besonders der innovative Korb mit der herausnehmbaren Multifunktionssäule und das HL-M Podium setzen auch bei den Kompakt-Drehleitern Maßstäbe.
Der Unterschied zu den bisherigen Drehleitern fällt besonders auf, wenn der Leitersatz 90° zur Seite gedreht ist. Denn dann hat das Drehgestell keinerlei Überhang über die Außenkante des Podiums. Dadurch kann die Drehleiter sehr nah an Gebäuden oder anderen Hindernissen positioniert werden und ohne Einschränkung den Einsatz erfüllen.
Eine besondere Herausforderung war es, die komplette Technik, wie Hydraulikkomponenten und Steuerungen, in ein deutlich kleineres Drehgestell zu integrieren. Der Terrainausgleich ist weiterhin mit bis zu 10° im Drehgestell integriert und funktioniert automatisch, stufenlos.
Es ist unheimlich spannend mit unseren Kunden immer neue Herausforderungen anzunehmen und die idealen Drehleitern für den Feuerwehreinsatz zu entwickeln. Ich bin schon sehr gespannt was die nächsten großen Ideen für Drehleitern sind.
Haben Sie schon eine Idee?
Lieber Herr Happe,
diese Frage nach den nächsten Ideen, insbesondere in Bezug auf Drehleitern, ist wohl nicht wirklich schwer zu beantworten.
Neben dem neuen Panther im 8×8 – Format wird es wohl auch eine L32-C geben.
Auch eine andere Fahrzeugvariante ist sehr wahrscheinlich, ein L27-C-LF, also eine Weiterentwicklung des L20LF, einer Kombination aus Drehleiter und Löschfahrzeug.Da die L27 annähernd den Anforderungen einer DLK 23-12 entspricht, kann eine solche Kombination mit Staffelbesatzung 1:5 ein ideales Erstangriffsfahrzeug darstellen. Dies ist hochinteressant, beispielsweise für FF mit einer kleineren Tagesbereitschaft. Vorteil auch gegenüber ähnlichen Konzepten anderer Hersteller wäre der kontinuierliche Rettungsweg. Wird der Löschwasserbehälter auf 1.200 – 1.500 l begrenzt, erscheint die Einhaltung der 16 t-Marke möglich, bei einer Beladung, die der eines MLF entspricht.
Mit der L32-C ist natürlich auch die L32A-XS-C möglich. Damit wäre der derzeitig absehbare technische Rahmen für Drehleitern weitgehend ausgeschöpft, abgesehen von der zunehmenden Verwendung neuartiger Materialien wie Verbundwerkstoffen (z.B. Carbon).
Hierauf aufbauend ist grundsätzlich eine dritte Variante denkbar, ein L32A-XS-C-LF. Dieses ließe sich wahrscheinlich nur innerhalb der 18t- Klasse realisieren und wäre insbesondere für das Ausland interessant (Combined Aerial Rescue Pumps (CARP) in Großbritannien, in Südamerika, der Türkei sowie in weiten Teilen Asiens).
Zudem ließe sich diese Variante auf einem “Commander AT-Fahrgestell“ aufbauen, was auf dem US-Markt höchste Aufmerksamkeit erzielen kann: Der erste “Quint” (weit verbreitetes Kombinationsfahrzeug in den USA) mit abwinkelbarem Gelenkarm! Hier könnte es ein strategisches Ziel sein, den Technologievorsprung gegenüber anderen US-Herstellern deutlich sichtbar zu machen.
Spannend ist, dass immer mehr Rosenbauer-Komponenten gleichermaßen für des US-Markt wie auch für den europäischen Markt geeignet sind.
Dies wird nun durch die CFT (Conzept-Fire-Truck) – Studie weiter beflügelt, welche im Design eher amerikanischen Fahrzeugen ähnelt, ohne aus europäischer Sicht vollkommen fremd zu wirken. Damit würde Rosenbauer auch wieder über ein eigenes Fahrgestell verfügen, was zu weitreichender Unabhängigkeit von anderen Herstellern führt.
Bereits vor dreißig Jahren hat Rosenbauer mit dem Falcon einen solchen Versuch unternommen. Damit ist die aktuelle CFT-Studie definitiv nicht zu vergleichen. Sie stellt einen völlig neuen konstruktiven Ansatz dar, mit Elektroantrieb, Einzelradaufhängungen, Niederflurtechnologie und einer enormen Flexibilität bei Beladung und Gewichtsverteilung.
So lässt sich u.a. sogar ein kombiniertes Lösch-Rettungsfahrzeug realisieren, ähnlich dem Premier Secours Evacuation (PSE) der BSPP in Paris. Dies ist hochinteressant, insbesondere für Berufsfeuerwehren mit integriertem Rettungsdienst, welche bereits heute die Probleme mit der Einhaltung der vorgegebenen Hilfsfristen kennen.
Die CFT-Studie erscheint dabei grundsätzlich geeignet, heute verwendete Fahrgestelle in Zukunft abzulösen, und dies praktisch auf allen Märkten bei allen möglichen Fahrzeugkonfigurationen.
Die nächsten 10Jahre bleiben also spannend mit dem Eindruck, dass die Weichenstellungen bei Rosenbauer für die Zukunft stimmen!
Beste Grüße Christoph Steinig
Hallo Herr Steinig,
vielen Dank für ihre ausführliche Analyse der Marktabhängigkeiten. Ich bin ganz Ihrer Meinung, dass Kombinationsfahrzeuge für kleinere Feuerwehren sehr interessant sind und wie Sie richtig schreiben, ist die Hauptherausforderung, die Norm für Drehleitern und die Norm für Löschfahrzeuge zu erfüllen, ohne zu schwer zu sein. Wir haben in den letzten Jahren vereinzelt solche Fahrzeuge produziert, doch die Akzeptanz bei den Feuerwehren ist eher gemischt. Die neuen Möglichkeiten des Compact Konzepts sind sicher noch nicht ausgeschöpft. Wir liefern gerade dieses Jahr einige L32-C, diese sind nicht nur mit dem kompakten Drehgestell ausgestattet, sondern haben zusätzlich einen 5-teiligen Leitersatz (statt 4-teilig bei der Standard L32). Dieses Konzept ist sehr auf kompakte Abmessungen optimiert, durch das zusätzliche Leiterteil ist es allerdings etwas schwerer als die Standard L32.
Für die USA haben wir gerade Anfang dieses Jahr auf der FDIC Messe den Raptor XS vorgestellt. Dieses Fahrzeug wird bei Rosenbauer in Kooperation zwischen Rosenbauer Karlsruhe und Rosenbauer America (Standort Minnesota) produziert. Raptor XS ist der Produktname der L32A-XS für den nordamerikanischen Markt. In den USA ist die Auslegung des Stahlbaus komplett anders als für europäische Fahrzeuge, da dort die NFPA Norm eingehalten werden muss und sich diese sehr deutlich von den europäischen Normen unterscheidet.
Da wir mit unserer Produktpalette fast alle Bereiche des Abwehrenden Brandschutzes abdecken, können wir nicht nur die einzelnen Produkte auf die Anwendung optimieren, sondern besonders das Zusammenspiel, z.B. der Komponenten und Fahrzeugprodukte, auf einander abstimmen. Die Entwicklung der Konzeptstudie CFT zeigt uns, dass diese Symbiose der optimierten Feuerwehrprodukte mit einem, genau auf diese Anwendung abgestimmtem, Chassis Konzept ungeahnte Möglichkeiten bietet. Für mich persönlich ist es sehr spannend an diesen zukunftsweisenden Themen mitzuwirken. Wir können gespannt sein auf alle neuen Produkte, die noch kommen.
Mit freundlichen Grüßen,
Florian Happe